Die ersten beiden Kapitel. Sind Rückblicke
27.Mai 1990
Zum ersten Mal öffne ich meine Augen. Ein helles Licht blendet mich und ich lässt mich meine Augen wieder zusammenkneifen.
Nach Luft ringend öffne ich meinen kleinen Mund um nach der stickigen Krankenhaus Luft zu schnappen und sie durch meine kleinen Lungen zu pressen.
Bei diesen Versuchen gebe ich meine ersten Schreiversuche von mir.
Ein großer in weiß gekleideter Mann kommt auf mich zu und schlägt mir mit zwei Fingern leicht auf die Brust.
Sofort fällt es mir um einiges Leichter die Luft einzuatmen.
Als ich es endlich schaffe meine Augen zu öffnen sehe ich sie, meine Mutter.
Ihr langes blondes Haar fällt ihr auf die Schultern. Ein lächeln ist auf ihrem Gesicht abgebildet, als sie mich strahlend anschaut und ihre Arme nach mir ausstreckt.
Dann kann ich ihn sehen.
Meinen Vater. Als meine kleinen blauen Augen ihn streifen verharrt er wenige Sekunden verwirrt auf meinem Gesicht, dreht sich um und verlässt den Raum.
___Die starken und beruhigenden Arme meiner Mutter schlingen sich um meinen kleinen Körper, während ich wieder anfange aus Leibeskräften zu schreien.
Ich kann in die von Tränen gefüllten Augen meiner Mutter sehen.
Auch sie hat die Blicke meines Vater gesehen, als er mich ansah und sich von mir abwendete.
Warum war er nur so? Habe ich ihn etwas getan? Ist er vielleicht einfach nur Hilflos und weiß nicht was er in dieser für ihn neuen Situation machen soll?
Ich kann mir diese Frage nicht beantworten, doch ich weiß, dass ich diesen Moment nach meiner Geburt nie wieder vergessen werde, denn mein Vater wird mir niemals meine Gewünschte Liebe und Geborgenheit schenken.
Im Gegenteil.
14.April 1992
Sanft umfassen die Arme meiner Mutter meine Hüfte und heben mich aus dem Laufstall.
Meine Augen sind mit Tränen gefüllt und meine Wangen von dem vielen weinen gerötet.
Obwohl ich mich gleich ein wenig Geborgen fühle schreie ich weiter, wobei meine zarte Stimme ein wenig vibriert.
Meine Mutter geht auf meinem Vater zu, der sie lauthals anschreit.
„Bring endlich dieses Kind zum schweigen. Ich halte dieses Gebrüll einfach nicht mehr aus.“
Wütend ringt er nach Luft und sein Gesicht verfärbt sich wie meines Rot.
Ich spüre wie der Brustkorb meiner Mutter vibriert als sie meinem Vater kontert.
„Hör auf vor dem Kind so rumzuschreien. Du verängstigst es doch nur.“
Das Gesicht meines Vaters scheint vor Wut fasst zu platzen.
„Wenn du dieses Kind nicht endlich ruhig bekommst dann tu ich es.“
Er macht einen großen Schritt auf mich zu und lässt mich erschrocken nur noch lauter und hysterischer weinen.
Diese bekannte Situation verängstigt und verwirrt mich immer noch. Ich bin ein Jahr alt und weiß mich nicht anders zu währen als zu weinen.
Fest presse ich meinen kleinen und hilflosen Körper an die Schulter meiner Mutter.
Meine Mutter umfasst mich fester.
„Wenn du es wagst sie auch nur anzufassen, dann zeige ich dich an. Mir ist es egal was du mit mir machst, aber unsere Tochter kann nichts dafür, dass du jeden Abend betrunken nach Hause kommst. Sie ist ein Kind. Sie weiß sich nicht anders zu verständigen als durch weinen. Verstehst du das denn nicht?
Nein wahrscheinlich nicht, denn du hast sie weder schon einmal in den Armen gehalten, als ihr auch nur eines Blickes zu würdigen.
Wieso. Wieso tust du das? Was hat sie dir getan?
Ich kann schon fast fühlen wie die Wut sich im Körper meines Vaters verbreitet und in seine Hand hineinzieht.
Ängstlich verberge ich mein Tränengetränktes Gesicht an meine Mutter und schütze mich so vor der Angesicht meines Vaters.
Ein lautes klatschen, ein kleiner Schrei und das wimmen meiner Mutter.
Er hat es wieder getan. Wie so oft hat er sie geschlagen und ich bin es Schuld.